27.10.2004
Landgericht Hannover - Urteil in dem Verfahren um das 'Djerba'-Attentat

Die Eltern des Klägers buchten für sich und den am 11. September 1998 geborenen Kläger über ein Reisebüro bei der Beklagten eine Flugpauschalreise nach Djerba für die Zeit vom 08.04.2002 bis 22.04.2002. Bei Ankunft vor Ort buchten die Eltern des Klägers auf Empfehlung des Reiseleiters für den 11.04.2002 einen Halbtagesausflug auf der Insel unter der Bezeichnung „Land und Leute”, den die Beklagte veranstaltete. Ziel diese Ausfluges war u.a. die Synagoge „La Ghriba”. Als der Kläger mit seinen Eltern am 11.04.2002 die Synagoge betreten hatte, kam es zu einer Explosion, weil Terroristen einen mit Flüssiggas gefüllten Tankwagen, der vor dem Eingang der Synagoge abgestellt war, entzündeten. Der Kläger erlitt hierdurch schwerste Verbrennungen 2. und 3. Grades an ca. 40 % seiner Körperoberfläche, die zu bleibenden Entstellungen und Beeinträchtigungen geführt haben. In den bis zum 11.04.2002 gültigen Reise- bzw. Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes zu Tunesien hieß es u.a., dass außer der in touristisch stärker besuchten Orten zu beklagenden Kleinkriminalität derzeit keine Hinweise auf besondere Gefährdungen vorlägen.

Die Klage unter anderem auf Schmerzensgeld und Schmerzensgeldrente wurde abgewiesen. Das Landgericht stellt dabei fest

Auf das allgemeine Risiko von Anschlägen auch auf Tourismuszentren westlicher Touristen, musste die Beklagte nicht hinweisen, dieses sei nach den Terroranschlägen in New York und Washington vom 11.09.2001 jedem aus allgemein zugänglichen Quellen wie Presse, Rundfunk, Fernsehen, Internet bekannt gewesen.
Verfügte der Reiseveranstalter aber nicht über anderweitige konkrete Informationen, durfte er sich auf die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes verlassen, nach denen keine Hinweise auf besondere Gefährdungen für Touristen in Tunesien im Vorfeld des Attentats vom 11.04.2002 vorlagen.
Außerhalb des übernommenen Gefahrenbereiches liegende, von ihm nicht beeinflussbare Umstände in der Sphäre des Reisenden oder Dritter, die nicht seine Erfüllungsgehilfen sind, sowie höhere Gewalt oder Vorfälle, bei denen sich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht hat, hat der Reiseveranstalter nicht zu vertreten.

Den Text des Urteils einschließlich des Tatbestands und der Urteilsgründe finden Sie als pdf.-Datei angehängt.