29.11.2004
BGH - obligatorisches Schlichtungsverfahren vor Klageerhebung

Einer Pressemitteilung des BGH vom 29.11.2004 ist zu entnehmen, dass der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Streitfrage entschieden hat, ob ein obligatorisches Schlichtungsverfahren der Klageerhebung vorangehen muss oder ob es nach der Klageerhebung während des Rechtsstreits nachgeholt werden kann.

Nach § 15a des Einführungsgesetzes zur Zivilprozeßordnung (EGZPO) kann durch Landesgesetz bestimmt werden, dass in bestimmten Fällen die Erhebung der Klage erst zulässig ist, nachdem von einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle versucht worden ist, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen. So ist nach § 37a Abs. 1 Nr. 1 des saarländischen Landesschlichtungsgesetzes, wenn die Parteien im Saarland wohnen, in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht mit einem Streitwert von nicht mehr als 600 € eine Klage erst nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens zulässig.

Im vorliegenden Fall verlangte ein Vermieter von einer ehemaligen Mieterin - beide wohnhaft im Saarland - Schmerzensgeld und Ersatz materiellen Schadens, weil sie ihn bei einer Auseinandersetzung verletzt habe. Er hatte deshalb Klage beim Amtsgericht erhoben. Dieses hatte den Streitwert auf 545,36 € festgesetzt. Es handelte sich also um einen Fall, bei dem das obligatorische Schlichtungsverfahren durchzuführen war. Obwohl der Vermieter das Schlichtungsverfahren noch vor Abschluß des Rechtsstreits nachholte, hat das Amtsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Die vom Amtsgericht zugelassene Berufung des Vermieters hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat jetzt seine - vom Landgericht zugelassene - Revision zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof laut Pressemitteilung dazu:

Mit der Einführung des obligatorischen Schlichtungsverfahrens hätten der Bundesgesetzgeber und die Landesgesetzgeber erreichen wollen, dass durch ein der Klageerhebung vorgeschaltetes Verfahren die Justiz entlastet und bestimmte Konflikte rascher und kostengünstiger bereinigt werden. Der Bundesgesetzgeber sei, wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergebe, bei der Formulierung des § 15a EGZPO davon ausgegangen, dass das Schlichtungsverfahren nicht nachgeholt werden könne und eine vor Durchführung dieses Verfahrens erhobene Klage unzulässig sei. Die angestrebten Ziele einer Justizentlastung und einer raschen und kostengünstigen Konfliktbereinigung liessen sich nur durch ein vorgeschaltetes Verfahren erreichen. Seien beide Verfahren nebeneinander möglich, finde eine Entlastung der Justiz allenfalls teilweise statt.

In vielen Fällen würden die Parteien das Schlichtungsverfahren nicht mit einem ernsthaften Einigungswillen betreiben, wenn bereits ein Gerichtsverfahren laufe und dafür Kosten entstanden seinen. Die vielfach vertretene Ansicht, das Schlichtungsverfahren könne bis zur letzten mündlichen Verhandlung im Klageverfahren nachgeholt werden, weil es nicht sinnvoll sei, den Kläger zur Erhebung einer neuen Klage zu zwingen, überzeuge deshalb nicht.

Urteil vom 23. November 2004 - VI ZR 336/03

BGH Pressemitteilung Nr. 138/04 vom 29.11.2004